Persönliche Geschichten. Arbeit mit der biografischen Methode
Geschichte ist und bleibt ein wichtiges Thema vieler internationaler Jugendbegegnungen. Aber wie kann man weit zurückliegende und historische Ereignisse für die junge Generation interessanter und verständlicher machen? Wie gelingt es, die Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart besser zu veranschaulichen und das Leben von früher dem heutigen Alltag junger Menschen gegenüberzustellen? Versucht doch mal, Geschichte persönlicher zu gestalten und sie aus Sicht einzelner Schicksale zu erzählen. Eine beispielhafte Herangehensweise ist die Auswertung von Briefen, Autobiografien, Tagebüchern, Notizen, Aufnahmen oder von persönlichen Gegenständen (Fotos, Uhren, Schmuck usw.), die bei einer Verhaftung konfisziert wurden, aber auch von mündlichen Berichten oder Erzählungen.
THEMENFELDER
#Geschichte #biografische Methode #historisch-politische Bildung #Menschenrechte #Toleranz # #stolenmemory #arolsenarchives
TEILNEHMENDENPROFIL
Die Auswahl der Teilnehmenden und die Auswahl der historischen Ereignisse und Personen, denen das Projekt gewidmet ist, bedingen sich gegenseitig. Die biografische Methode ist für die Arbeit mit jeder Altersgruppe geeignet, bei Projekten mit Kindern sollten jedoch Ereignisse und Persönlichkeiten im Mittelpunkt stehen, die positive Beispiele darstellen. Die Beschäftigung mit tragischen Schicksalen oder umstrittenen Persönlichkeiten erfordert eine größere emotionale Reife und deutlich mehr Wissen und ist daher eher für ältere Jugendliche und junge Erwachsene geeignet.
MÖGLICHE AKTIVITÄTEN
Im besten Fall sind die historischen Ereignisse/ Personen Ausgangspunkt für eine genauere Betrachtung der Gegenwart – der Suche nach Ähnlichkeiten, der Ableitung von Schlussfolgerungen und der Auseinandersetzung mit vergleichbaren Erfahrungen der Teilnehmenden. Es ist empfehlenswert, die Geschichte anhand der Biografien bestimmter Personen oder Personengruppen darzustellen und nicht allein anhand der Ereignisse und ihrer Daten. Ausgehend von den ausgewählten Personen und ihren Geschichten lassen sich dann auch die Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart untersuchen. Neben der Arbeit in Archiven können beispielsweise Gespräche der Jugendlichen mit Personen durchgeführt werden, die einen bestimmten historischen Bezug haben, z. B. Zeitzeuginnen und Zeitzeugen oder deren Familienangehörige. Auch ist es ratsam, kreative Phasen einzuplanen, um den Teilnehmenden ein Ventil für (schwierige) Emotionen anzubieten. Auch bei dieser Art Begegnung müssen die einzelnen Programmpunkte aufeinander sowie auf die Teilnehmenden und die Projektdauer abgestimmt sein.
Hilfreich sein könnten u. a.:
- Recherche in Online-Archiven und anderen Online-Quellen;
- Treffen mit einer Zeitzeugin/ einem Zeitzeugen, Rekonstruktion sowie Darstellung ihres/ seines Schicksals mittels verschiedener Visualisierungen;
- kreative Auseinandersetzung mit den neu gewonnenen Informationen und Impulsen (Nutzung verschiedener Erzähltechniken wie Inszenierung, Collage oder Storytelling zur Darstellung historischer Ereignisse, Persönlichkeiten usw.);
- Workshops zu verwandten Themen (Menschenrechte, Identität, Toleranz);
- weitere Aktivitäten, die sich unmittelbar aus der Beschäftigung mit bestimmten Ereignissen/ Persönlichkeiten ergeben (s. auch „Lokale Ebene“),
- autobiografische Methoden zur Unterstützung der Reflexion der Teilnehmenden.
VORBEREITUNG
Projektteam: Wenn sich das Projekt mit schmerzhaften Schicksalen und Ereignissen befasst, sollte dem Team eine Person angehören, die über eine entsprechende Moderationserfahrung verfügt und in der Lage ist, die Jugendlichen beim Umgang mit schwierigen Emotionen zu unterstützen und zu begleiten.
Externe Unterstützung: Gedenkstätten, Archive, Museen und Forschungseinrichtungen halten meist auch pädagogische Angebote bereit und können bei einem Projekt zu diesem Thema behilflich sein.
Ort: Idealerweise findet das Projekt an einem Ort statt, mit dem die Person, um die es im Projekt hauptsächlich geht, verbunden war oder ist. Als Projektort eignet sich auch eine Gedenkstätte oder eine auf historisch-politische Bildung spezialisierte Jugendbegegnungsstätte, oder es kann eine Zugfahrt auf den Spuren oder entlang der Lebensstationen der besagten Person organisiert werden.
Zeit: Es sollte ausreichend Zeit (ggf. sogar ein ganzer Tag) für den Besuch wichtiger historischer Orte sowie ein zusätzlicher zeitlicher Puffer eingeplant werden. Um sich ohne (vermeidbaren) Zeitdruck auf die Projektarbeit konzentrieren zu können, ist es besser, von vornherein einen Projekttag mehr anzusetzen. Online-Treffen sparen Zeit und können für technische Hinweise, zur Abstimmung verschiedener Fragen in der Zeit zwischen den Projektteilen in Präsenz sowie für verschiedene Einführungen (z. B. zur Arbeit mit Archivbeständen) genutzt werden.
Material: Mehrsprachige Portale wie www.storiesthatmove.org oder Arolsen Archives können als Quellen für methodisches Material dienen.
Teilnehmendenauswahl: Bei der Ansprache der Teilnehmenden sollte besonders hervorgehoben werden, wie wertvoll eine Beschäftigung mit den Auswirkungen der Vergangenheit auf unsere Zeit ist. Allein der Hinweis, dass Geschichte wichtig ist, reicht nicht aus. Vielmehr sollte darauf eingegangen werden, was sie uns lehrt und wie wir durch das Eintauchen in die Biografien einzelner Personen oder Personengruppen bestimmte Situationen in der Gegenwart vermeiden können.
LOKALE EBENE
Wenn die Ereignisse/ Personen, um die es im Projekt geht, in Bezug zur Geschichte des Ortes oder der Region der teilnehmenden Jugendlichen stehen, ist es sinnvoll, auch im Programm an diese lokale Dimension anzuknüpfen (vor allem, wenn dieser Bezug emotional positiv besetzt ist). Es ist zum Beispiel möglich, eine Rallye auf den Spuren einer Person vorzubereiten oder einer Person öffentlich zu gedenken (z. B. in Form einer Gedenktafel, Ausstellung, Aufführung, Präsentation oder eines Konzerts).
KONTINUITÄT UND NACHHALTIGKEIT
Die Präsentation der Projektergebnisse nach der Begegnung stellt eine natürliche Fortsetzung des Projekts dar. Auch die biografische Arbeit kann zwischen den Projektteilen und über die Begegnung hinaus fortgeführt werden.
ANGEBOTE DES DPJW
Informationen, wie sich deutsch-polnische Jugendgruppen an der Kampagne #StolenMemory der Arolsen Archives beteiligen können und so an der Erforschung der Biografien von NS-Verfolgten, an der Suche nach Familienangehörigen zur Rückgabe persönlicher Gegenstände der Opfer sowie an Zeitzeugengesprächen mitzuwirken, bieten die Broschüren:
www.dpjw.org/publikationen/stolenmemory-als-deutsch-polnisches-bildungsprojekt
www.dpjw.org/publikationen/gesucht-gefunden-spuren-zu-familien-von-kz-haeftlingen.
Unterstützung des DPJW für Projekte an NS-Gedenkstätten: www.dpjw.org/projektförderung/wege-zur-erinnerung.
BEST-PRACTICE-BEISPIEL
Projekt:#stolenmemory
Partner: I Liceum Ogólnokształcące im. St. Wyspiańskiego (Mława), Berufliche Schule des Kreises Stormarn (Bad Oldesloe)
Projekte aus der Kampagne #stolenmemory werden regelmäßig im Rahmen dieser Schulpartnerschaft durchgeführt. Die Berichte kann man auf der Internetseite der Berufsschule des Kreises Stormarn einsehen.